Saisoneröffnung 18. und 19.09.2021 – endlich geht es wieder los

Endlich Saisoneröffnung! Traditionell werden im Festkonzert zugunsten der Stiftung Staatsoper Hannover und im sonntäglichen Eröffnungskonzert Ausschnitte aus dem Programm der Spielzeit gebracht. Musikalische Appetithappen, alte und neue Ensemblemitglieder, das Orchester, fröhlich-festliche Stimmung – einfach nur schön.

Foto und Copyright: Achim Riehn

Die Sängerinnen und Sänger unseres Ensembles bewiesen dann, dass sie sich nicht hinter gefeierten Stars der Opernszene verstecken müssen. Das Niveau hier an der Oper ist außerordentlich hoch und hat sicherlich auch mit zur Auszeichnung „Bestes Opernhaus“ beigetragen. Ich freue mich wirklich darauf, alle wieder auf der Bühne zu sehen, in so spannenden Rollen. Dazu unser Niedersächsisches Staatsorchester, das durchsichtig, beseelt und präzise spielte, was will man mehr!

Im Festkonzert tritt dazu ein besonderer Stargast auf, diesmal hatte die Oper die gefeierte Sopranistin Kristīne Opolais zu Gast. Kurzfristig war sie eingesprungen, weil Asmik Grigorian erkrankt war. Entsprechend freundlich wurde sie auch empfangen. Drei Arien sang sie im Verlauf des Abends, aus „Madama Butterfly“ die Arie der Cio-Cio San „Un Bel de Vedremo“, aus „Rusalka“ das „Lied an den Mond“ und aus „Eugen Onegin“ die Briefszene der Tatjana. Dreimal brillierte sie mit ihrer leuchtenden Sopranstimme, die auch zu warmen, emotionalen Farben fähig ist. Besonders bewegend mit wunderschönen, zarten Tönen gelang die Arie der Tatjana. Schön, diese sympathische und offenbar völlig unkomplizierte Sängerin hier in Hannover auf der Bühne zu haben! Wie wäre es mal mit einer Gastrolle?

Intendantin Laura Berman und GMD Stephan Zilias führten am Samstag kurzweilig durch das Programm, beide mit Freude an der Moderation. Beim Eröffnungskonzert am Sonntag unterstützten aus dem Dramaturgenteam Regine Palmai, Julia Huebner und Martin Mutschler.

Endlich wieder große Oper auf unserer Bühne! Schwungvoll begann der Abend mit der selten gespielten Ballettmusik aus „Otello“ von Verdi. Tänzerisch und energisch spielte das Orchester unter der Leitung von Stephan Zilias diese Musik, ein passender Einstieg.

Barno Ismatullaeva sang am Sonntag dann die Arie der Desdemona „La Canzone del Salice“. Warm und bewegt gestaltete sie diese melancholische Musik, mit berückenden leisen Tönen. Zu welcher Dramatik sie auch fähig ist, das bewies sie zum Schluss der Arie.

Der Jago wird in Daniel Miroslaw eine jugendlich-dämonische Verkörperung bekommen. Das ist eindeutig kein alter, verbitterter Bass-Bösewicht. Seine Arie „Credo in un Dio crudel“ zeigte Jago als jungen, charismatischen Psychopathen, sehr schön!

„Otello“ wird von Immo Karaman inszeniert werden, der auch für die faszinierend-düstere Schwarzweiß-Welt von Brittens „The Turn of the Screw“ verantwortlich war. In der letzten Saison hatte dies online Premiere, nun kommt es auch live auf die Bühne. Mit Ausschnitten aus dieser Oper ging es weiter. Hier spielte unter Stephan Zilias ein klein besetztes Orchester, die Musik gelang bezwingend klar und durchsichtig.

Sarah Brady sang die Szene der Governess „How beautiful it is“ voll Bewegung, mit leuchtender, strahlender Stimme. Die ist eine hochromantische Musik, mit Anklängen an Vogelstimmen im Hintergrund, in der nichts die Düsternis der Geschichte ahnen lässt.

Danach folgte das unheimliche Duett der beiden Geister Peter Quint und Miss Jessel „Why did you call me“, gesungen von Sunnyboy Dladla und Barno Ismatullaeva. Faszinierend, wie sich die beiden Stimmen kontrastreich zusammenfügten: ein hoher, fast androgyn reiner Tenor, ein tiefer, glutvoller Sopran. Weißwein und Rotwein, das war meine Assoziation.

In der neuen Saison wird auch endlich „Sweeney Todd“ von Stephen Sondheim auf die Bühne kommen, ein böses und schauderlich schönes Musical. Am Sonntag waren daraus drei Ausschnitte zu hören, die James Hendry dirigierte.

Es begann mit „Johanna“, dem Song des Anthony, gesungen von Germán Olvera. Er sang diese romantische Ballade mit sehr viel Herzblut und schöner Stimme.

Das Duett „Pretty Woman“ zwischen den beiden Protagonisten Sweeney Todd (Scott Hendricks) und Richter Turpin (Frank Schneiders) war im Gegensatz dazu ein fast beschwingtes Duett mit ironischen Untertönen. Zwei ganz gegensätzliche Charaktere prallten aufeinander.

Fast übergangslos ging es in den Monolog „Epiphany“ des Sweeney Todd über. Das ist hochdramatische Musik, vor Wut und Emotion fast überkochend, mit Anklängen an die Musik aus Hitchcocks „Psycho“. Scott Hendricks sang und gestaltete diesen Monolog mit einer solchen Wucht, dass einem angst und bange werden konnte!

Weiter ging es mit Ausschnitten aus „Eugen Onegin“ von Tschaikowski, mit jugendlichem Elan dirigiert von James Hendry. Nach der festlich-schwungvollen Polonaise sang James Newby die Szene des Onegin „Sie schrieben mir“. Das wird ein spannendes Rollendebut! James Newby hat eine überaus klangschöne Bariton-Stimme. Er schaffte es, alle Nuancen dieser Szene unerhört sensibel auszuleuchten.

Von Shavleg Armasi hörten wir dann am Sonntag die Arie des Gremin „Ein jeder kennt die Lieb‘ auf Erden“. Dieses Glanzstück des Bass-Repertoires wurde auch bei ihm zu einem Glanzstück, gefühlvoll und klangschön.

Die Ausschnitte aus „Der Vampyr“ von Marschner machten mich dann sehr neugierig auf diese Oper „aus der Mitte zwischen Freischütz und Holländer“, wie es Stephan Zilias erläuterte. Marschner und Hannover, Laura Berman war mit dem Plan schon nach Hannover gekommen. Ersan Mondtag wird dieses romantische Schauerstück hier inszenieren, ein außerordentliches und sinnliches Ereignis wird uns wohl erwarten!

Mercedes Arcuri sang die Arie der Malwina „Heiter lacht die gold‘ne Frühlingssonne“. Das ist ein frohes, romantisches Stück, voll Licht und Leben, gespickt mit Koloraturen. Bei Mercedes Arcuri klingt so etwas immer, als ob es die leichteste Sache der Welt wäre! Präzision und Klangschönheit – perfekt!

Das dann folgende Trinklied „Im Herbst, da muss man trinken“ wurde von Laura Berman als Auftritt einer „polnisch-irisch-indisch-finnischen Boygroup“ angekündigt. Mit Elan und viel Spaß an dem sinnfrei-fröhlichen Text sangen Pawel Brozek, Peter O’Reilly, Darwin Prakash und Markus Suihkonen dies feurig und mitreißend. Mit jungen Stimmen wie hier klingt so etwas überaus überzeugend, man sah die Trinkergruppe aus lauter Mittzwanzigern quasi vor sich. Peter O‘Reilly ist neues Mitglied des Internationalen Opernstudios, ein kraftvoller Tenor. Auch Markus Suihkonen hatte seinen ersten Auftritt hier auf der Bühne, er besitzt einen sehr klangschönen, vollen Bass.

Auf „The Greek Passion“ von Martinu freue ich mich auch sehr, das ist eine Oper mit einer auch für die heutige Zeit wichtigen Thematik. Dazu kommt eine sehr farbige Musik zwischen Romantik und Moderne. Den Ausschnitt dirigierte Valtteri Rauhalammi. Barno Ismatullaeva und Sunnyboy Dladla sangen das schwungvoll-melodische Duett Katerina/Yannakos „I‘m Son of the Light“. Wieder bewunderte ich diesen ungewöhnlichen Farbkontrast und die gleichzeitige Harmonie der Stimmen.

Ausschnitte aus „Die Hochzeit des Figaro“ von Mozart beschlossen den Abend, dirigiert von Giulio Cilona.

Es begann mit der Arie der Gräfin „Dove Sono“, gesungen von Kiandra Howarth, in dieser Saison neu im Ensemble. Das war Mozart-Gesang vom Feinsten! Kiandra Howarth besitzt eine klare, leuchtende Stimme, ihre Arie war voll mit Emotion, bravo!

Richard Walshe sang dann die Arie des Figaro „Aprite un po‘ quegli Occhi“ mit einer wunderschön tief grundierten Bariton-Stimme. Wo bekommt die Oper Hannover nur diese ganzen großartigen Baritone her?

Den offiziellen Teil des Programms beschloss dann das Sextett „Voi Signor che giusto Siete“, es sangen in herrlicher Harmonie Nikki Treurniet, Kiandra Howarth, Hubert Zapiór (am Samstag Germán Olvera), Richard Walshe, Monika Walerowicz und Philipp Kapeller. Ich freue mich auf einen Mozartabend mit schönen Stimmen – und die Inszenierung von Lydia Steier (durch „La Juive“ gut bekannt!) wird bestimmt auch faszinierend.

Zwei Zugaben beschlossen den Abend, die „Apotheose“ aus dem „Wilhelm Tell“ von Rossini bildete den krönenden Abschluss. Viel verdienter Beifall für alle! Drücken wir die Daumen, dass die Pandemie uns keinen Strich durch die Rechnung macht! Drücken wir die Daumen, dass sich das Publikum wieder in Kulturveranstaltungen traut!

Achim Riehn

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