30 Jahre Tatort Oper

Beschwingtes Fest: 30 Jahre „Tatort Oper“!

30 Jahre Mord und Totschlag, 30 Jahre Liebe und Hass, 30 Jahre Schüler und Schülerinnen, die bei heftigsten Leidenschaften auf der Opernbühne mitfieberten und -litten! – und als Highlights 30 Intendantentreffen, in denen die erlebten Inszenierungen Ausgangspunkt für einen anregenden, intensiven Gedankenaustausch waren

Diesen besonderen 30. Geburtstag galt es am 11.10.2014 unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Stephan Weil mit einem Fest zu feiern, zu dem die Staatsoper und die “Gesellschaft der Freunde des Opernhauses“, GFO, eingeladen hatten. Sogar das Wetter gab sich geburtstäglich: Die Sonne strahlte bei warmen Temperaturen, als sich um 15 Uhr die Türen öffneten und die Bläser der Goetheschule mit Fanfarenklängen vom Balkon aus die Gäste begrüßten.


(Foto und Copyright: Dr. Stephan Schmidt)

Auf dem Opernvorplatz hatten sich bereits viele erwartungsvoll versammelt, unter ihnen auch einige bizarr kostümierte Jugendliche als Walking Acts.


(Foto und Copyright: Dr. Stephan Schmidt)

Im festlich geschmückten Opernhaus begrüßte die Combo des Gymnasiums Bad Nenndorf die Besucher in der Langen Diele mit sanften Klängen.

Bei dem Gang durch die Foyers fiel die Wahl schwer: Sollte man die kenntnisreiche Ausstellung zur Chronik des Jugendprogramms, kunstvoll und liebevoll von dem Ausstatter Pablo Mendizábal in 30 Plakaten zusammengefasst, zuerst anschauen oder sich von dem großen Angebot an Aktivitäten in den Bann ziehen lassen? Neunzehn Musik- und Theatergruppen sowie einige Kammermusiker spielten zum Geburtstag auf und mehrere Interviews mit „Very Important Persons“ standen auf dem Programm.

Neben dem schwungvollen Auftritt des Blasorchesters aus dem Georg-Büchner-Gymnasium, Seelze, im Marschnersaal, das eine große Fangemeinde sammeln konnte, und den parallel angebotenen, pfiffig gestalteten Ausschnitten aus dem Musical „Die Rock’n‘ Roll Brothers“ des Club XM im Lavesfoyer gab es außerdem das unterhaltsame Stück „Nackt“ des Hannover Kollegs zum Thema „Provokation im Publikum“ zu erleben, sehr gut ausgespielt von den Darstellern: Die Langeweile der älteren Herrschaften und die explosive Kraft des Wortes „nackt“!

In der Garderobe links zeigte das Kammerorchester der Lutherschule ihr Können. Den fünfzehn Schülerinnen und Schülern war die Musizierfreude und Begeisterung beim Spielen anzumerken, als sie u.a. Mozarts “Kleine Nachtmusik” erfrischend vortrugen. Bei der Opernscharade in der Langen Diele errätselten die Teilnehmer Täter und Opfer, die besten „Opern-Kommissare“ gewannen Preise.

Eindrucksvolle musikalische Einzelleistungen bekam man bei den Kammermusikauftritten der IFF-Studierenden (Institut zur Früh-Förderung musikalisch Hochbegabter) zu hören, besonders erwähnenswert die ausdrucksstarke Eigenkomposition des diesjährigen ersten Bundespreisträgers „Jugend musiziert“ Kevin Mantu.

Im Lavesfoyer und vor dem Gasometer traten Chöre auf: Der Freitagschor der Tellkampfschule sang einfühlsam gestaltend “Belle, qui tiens ma vie“ und andere europäische Chansons. Das afrikanische Musical „Kwela, Kwela“ hatte das Albert-Schweizer-Gymnasium, Nienburg, einstudiert und beeindruckte mit ausdrucksstarken Masken und engagiertem Spiel.


(Foto und Copyright: Dr. Stephan Schmidt)

Die Chöre des Georg-Büchner-Gymnasiums waren wie alle Gruppen auf ihren Auftritt beim Jugendfest intensiv vorbereitet: „Wir waren schon auf dem schier endlosen Weg durch den „Backstagebereich“ beeindruckt von dem besonderen Gebäude. Gespannt kamen wir zum Auftritt und dann das, ein vollbesetztes Lavesfoyee, das beflügelte uns und wir fanden es aufregend, vor so vielen freundlichen Zuhörern in entspannter aufmerksamer Atmosphäre zu singen.“


(Foto und Copyright: Dr. Stephan Schmidt)

Ein ruhiges Zentrum bildete die Garderobe rechts: Ein rotes Sofa ließ schon ahnen, hier interviewten Schüler und Schülerinnen die VIPs! Der Hausherr Dr. Michael Klügl machte den Anfang und plauderte unkonventionell über sich, seinen Werdegang und seine Arbeit im hannoverschen Opernhaus. Ja, es sei sein Lieblingsberuf, die Wege zum Intendanten seien vielseitig, aber von einem „Intendantenstudium“ halte er nicht so viel. Und: die Jugendarbeit liege ihm schon immer am Herzen, was man u.a. an der Gründung der „Jungen Oper“ sehen könne. Schließlich: Warum sollten junge Leute in die Oper gehen, was erführen junge Leute in der Oper? Dr. Klügls schlichte Antwort: Sich selbst! Oper sei die Auseinandersetzung mit allen grundlegenden Themen, die auch Jugendliche betreffen: Liebe, Eifersucht, Erfolg, Macht.


(Foto und Copyright: Dr. Stephan Schmidt)

Eine weitere Interviewpartnerin war Helga Pöhl, die Gründerin des Jugendprogramms „Tatort Oper“. Sie berichtete aus den Anfangstagen des Programms, über ihren eigenen Enthusiasmus für Oper und ihre Überzeugung: Jugendlichen muss dieses Kultur-Angebot unbedingt nahe gebracht werden. Sie konnte die GFO für ihre Idee gewinnen und das in Deutschland einzigartige, erfolgreiche Jugendprogramm als „Konzept für das Publikum von morgen“ starten.

Frau Bihlmaier erzählte über ihre Begeisterung für Musik schon im Musikunterricht und die konsequente Verwirklichung ihres Wunsches, Dirigentin zu werden. Auf die naheliegende Frage nach geschlechtsspezifischen Erfahrungen erwiderte sie, dass sie nur selten das Gefühl habe, als Frau besonders wahrgenommen zu werden oder mehr leisten zu müssen als ein Mann, es gäbe heute schon viele Dirigentinnen.

Last not least kam der frühere Intendant des Opernhauses, Prof. H.-P. Lehmann, aufs rote Sofa. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, als Gratulant zum Geburtstag zu kommen, wie auch sein Nachfolger Herr A. Puhlmann, beide engagierte Förderer. Im Interview erzählte er lebendig aus dem unendlichen Fundus von Erfahrungen und Geschichten seines langen, intensiven Theaterlebens. Auf die Frage nach seiner Kindheit überraschte er mit vier Strophen eines Liedes aus seinen Kindertagen, eindruchsvoll und frisch vorgestragen, und erzählte von der frühen Förderung in seinem Elternhaus. Nach dem Gespräch, die Moderatorinnen hatten das rote Sofa bereits verlassen, blühte er richtig auf und schilderte weitere Episoden aus seinem Leben. Sein interessiertes Publikum dankte mit großem Applaus.

Am Schluss des vielseitigen Programms konnte man im übervollen Marschnersaal die differenziert und mitreissend spielende Bigband der Goetheschule hören: Außergewöhnlich der Frontsänger von „Mercy, mercy, mercy“! – und schließlich als „Rausschmeißer“ die Combo des Georg-Büchner-Gymnasiums mit zwei Sängerinnen und Solis, die unter die Haut gingen. Das bunt gemischte Publikum, Familien mit Geschwistern, Großeltern, Freunde, ging intensiv mit.

(Foto und Copyright: Dr. Stephan Schmidt)

Ein abwechslungsreicher, unterhaltsamer Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Es wurde geräumt und gepackt und die Foyees in Windeseile auf die Abendvorstellung vorbereitet:
Als krönenden Abschluss des Geburtagsfestes erwartete die GFO-Jugendlichen am Abend die Aufführung der Oper „Tosca“.

In einem kurzen Festakt vor der Aufführung würdigten Herr Dr. Klügl und Herr Lange, der Ehrenvorsitzender der GFO, das Projekt „Tatort Oper“ und die damit verbundene Jugendarbeit: „Das jüngste Opernpublikum gibt es in Hannover!“
Der Leiter des Jugendprogramms, Dr. Schmidt, unterstrich die Bedeutung der künstlerischen Erziehung für Jugendliche und übergab drei Jugendlichen stellvertretend das Wort für kurze Statements zum Thema „Was bedeutet mir Oper“. Abschließend gab es ein Dankeschön von Frau Pöhl für die Weiterführung ihrer Idee an Frau Birth-Frost, Frau Eichler und Herrn Dr. Schmidt.

Für das Gelingen des Festes war ua. das engagierte Lehrerteam zuständig, das den Nachmittag gestaltet hatte, genauso Herr Dr. Klügl und das kompetente Organisationsteam der Oper mit Tamara Schmidt, Christopher Baumann, Jonas Egloff und Friederike Schlömer, die mit Hilfe vieler Mitarbeiter „hinter den Kulissen“ den gelungenen Ablauf des Geburtstagsfestes ermöglicht hatten. Ihnen allen gilt unser Dank!

Und was am Nachmittag erfolgreich vermieden werden konnte, erwartete das Publikum erbarmungslos in der Aufführung von „Tosca“- Mord und Totschlag, Hass und Liebe!

Christiane Eichler und Annegret Birth-Frost