Club Figaro: Unscheinbar scheinbar
(von Charlotte M.A. Walter; Gymnasium Bad Nenndorf)
Man erwartete eine Neufassung von Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“, welche schon mit neuem Namen „Club Figaro“ deutlich moderner und zeitgemäßer daher kam. Und tatsächlich wurde schon bei der Aufmachung des Programmheftes schnell klar, dass es bunt, laut und keineswegs langweilig werden würde. Ein Stempel des Clubs auf die Hand und die Party konnte steigen. Jede Figur wurde zunächst vorgestellt, allesamt junge Leute, so unscheinbar scheinbar suchend nach Erfüllung, nach der eigenen Identität. Durch unterschiedliche Tanzmoves wurde uns Zuschauern schnell deutlich, was für Charaktere auf der Bühne stehen: Sie sind auf der Suche nach sich selbst oder nach Zufriedenheit, aber auch auf der Suche nach Anerkennung, Akzeptanz und Liebe. Typische Probleme des überwiegend jugendlichen Publikums und damit wird eine gute Verbindung zu diesem hergestellt. Deutsche Texte machen es dem Publikum leicht, die Wünsche und Träume der Figuren zu verstehen. Doch wer genauer hinschaut, bemerkt schnell, dass neben der eigentlichen Haupthandlung rund um Cherubino, einige Nebenhandlungen stattfinden, die die Kulisse realistischer wirken lassen und zum Teil den Zuschauer verführen, nicht der eigentlichen Handlung zu folgen. Aber all diese scheinbaren Nebenhandlungen verknüpfen sich nach und nach mit der Haupthandlung und streben nach Auflösung, nach Antwort für ihre eigenen Zweifel. Erkennbar an den Kostümen wird deutlich, dass jeder in dieser Umgebung eigentlich er selbst ist und eigentlich ganz anders ist, als alle anderen meinen. Daher ist auch die Handlung ständig in Bewegung und lässt der Musik ebenfalls Platz, der Handlung Pfiff zu verpassen. Sie scheint geradezu der lenkende Pol zu sein. Mozarts Musik wird in ein neues, zeitgemäßes Gewand gekleidet. Die Kombination von DJ, Band und kleiner Orchesterbesetzung wirkt zuerst einmal relativ ungewöhnlich und ein bisschen verrückt, aber genau diese Verrücktheit der Zusammensetzung macht diese spannend. Ein Reiz, der Raum bekommt und die Wirkung der Handlung unterstützt und nicht übertüncht. Vielmehr ist es ein Miteinander zwischen den Charakteren und der modern eingefassten Mozart-Kompositionen. Ein bisschen überraschend ist es dann, dass der DJ als Figur selber nur relativ kurz in das Sichtfeld des Zuschauers kommt, die Band hingegen, wie alle anderen Figuren auch, sich aber dauerhaft auf der Bühne aufhält. Da kann sich schnell mal die Frage stellen, ob der DJ im Arrangement von Musik und Darstellung eine minder wichtige Rolle spielt. Dabei trägt er doch maßgeblich zur Modernität des Stückes bei.In besonderer Erinnerung bleibt wohl jedem das Ende, gerade weil es etwas unerwartet daherkommt. Der finale Trip wirkt so gefährlich wie reizvoll. Ein Figaro, der an den früheren Sido mit Maske und Zylinder erinnert und eckige, silberne Tierköpfe, die sehr abstrakt wirken. Die Choreographie mit klassischen sowie modernen Elementen schafft eine spannende Illusion dieses Endes. Insgesamt schafft es der „Club Figaro“, in der Kürze die Würze zu finden. Die Illusion realitätsnah zu erschaffen und den Zuschauer für eine kurze Zeit mitzunehmen, in einen Club, der die Vielfalt der Gesellschaft darstellt und auch vor dem Aufruf, wählen zu gehen, nicht zurückschreckt. Das Arrangement ist zwar kurzweilig, fasziniert aber durch abwechslungsreiche Kompositionen, die gerade uns Jugendliche ansprechen, aber auch durchaus Mozartfans in ihren Bann ziehen können.