In der auch diesmal sehr gut besuchten Kostprobe gab es einen Einblick in die Probenarbeit zum Ballettabend „3 Generationen“, der am 22. Februar Premiere an der Oper Hannover hat. Ballettdramaturgin Esther Dreesen-Schaback – sie arbeitet seit vielen Jahren mit Marco Goecke zusammen – führte in die unterschiedlichen Welten des Abends ein, der Arbeiten von drei Choreographen unterschiedlicher Generation zusammenfasst. Es ist ein Stück Tanzgeschichte an einem Abend.
Hans van Manen ist einer der Wegbereiter der klassischen Moderne. Er kommt aus der Tradition von Balanchine, empfindet sich aber als zeitgenössischer Choreograph, der nicht nur reinen, puren Tanz zeigen will. Seine Arbeiten sind am Menschen orientiert, seinen Begegnungen, seinen Abgrenzungen, seinen Wünschen. Es sind Einblicke in Menschen – meist Paare – und ihre Beziehungen. Für ihn ist die Tradition ein Fundament, auf dem man Kunst macht und weiterentwickelt. Seine Arbeit „Concertante“ hat die „Petite Symphonie concertante“ von Frank Martin als musikalische Basis und wird als zweite Choreographie des Abends gezeigt werden.
Beginnen werden die Vorstellungen mit „Rise“ von Emrecan Tanis, der die jüngere Generation vertritt. Er ist derzeit noch Tänzer am Ballett in Helsinki, dies ist seine erste größere Auftragsarbeit als Choreograph. Das Thema ist das Verhältnis Gruppe zu Anführer/Anführerin – wie kommt eine Person in so eine Rolle, wie verhält sie sich da, was gibt sie auf, was für Konflikte entstehen. Emrecan Tanis gibt den Machtverhältnissen in Gruppen Gestalt. Dazu erklingt klangteppichartige Musik von Philip Glass und von Mehmet Sadik Tanis, dem Bruder des Komponisten.
Die dritte Choreographie des Abends ist dann von Marco Goecke, dem Vertreter der mittleren Generation. „Kiss a Crow“ ist ein ungefähr fünfundzwanzigminütiges Stück zu Musik von Kate Bush. Es geht um die Fragen an das Leben, die man hat, den Umgang mit der Endlichkeit. Marco Goecke, seit dieser Spielzeit Ballettdirektor an der Oper Hannover, lebt sich gerade in Hannover ein, ist viel in der Natur, dieses Naturerlebnis setzt er poetisch um. Er spürt in seiner Arbeit der Vergänglichkeit nach und der Frage, was hinter den Dingen liegt. Die Musik von Kate Bush hat er wegen der Opulenz und fast Operettenhaftigkeit ausgewählt, es ist Musik, die volle Emotion zulässt. Frau Dreesen-Schaback sagte, dass sie die Proben teilweise stark berührt hätten.
Während der anschließenden Probe konnten wir dann einen Komplettdurchlauf durch „Concertante“ erleben. Hans van Manen war anwesend und begrüßte zu Beginn die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne. Wir erlebten dann eine klassisch-strenge Choreographie, Paare fanden sich, tanzten Soli, trennten sich, stritten sich, agierten miteinander. Zu wunderschöner Musik malten die Paare berührende Bilder. Die Vorfreude auf die Vorstellung hat sich erhöht, in der uns drei ganz verschiedene Sichten auf den Menschen und drei wahrscheinlich ganz unterschiedliche Umsetzungen in den Tanz erwarten werden. Gruppenstrukturen, Paarbeziehungen, Innensichten – drei Blicke auf den Menschen, umgesetzt in Tanz.