Wie immer war die Pressekonferenz zur neuen Saison sehr interessant. Den Spielplan kann man sich gut auf der Seite der Staatsoper anschauen, ich will hier auf einige Punkte eingehen, die darüber hinaus in der Pressekonferenz genannt worden sind.
Laura Berman sagte zu Beginn, dass es einen roten Faden im Programm gibt, der sich im Entstehungsprozess der Saison ergeben hat. Was heißt Gemeinsamkeit, was bedeutet „gemeinsam“? Es gibt in der Gesellschaft ein Bedürfnis nach Gemeinsamkeit, es gibt große Sehnsucht nach Frieden. Wie verteidigen wir unsere Werte? All das bestimmt den Spielplan.
Gestartet wird die Saison mit etwas Ungewöhnlichen, mit „Satyagraha“ von Philipp Glas, einer großen Choroper der Minimal Music. Regie führt Daniel Carter, der am Haus schon „Nixon in China“ inszeniert hat. Das ist Musik, bei der wir das Gefühl für Zeit und Raum verlieren. Der Abend wird „eine Art Meditation“ sein, mit starken Bildern auf der Bühne.
Der „Bajazzo“ von Rugero Leoncavallo wird von Dirk Schmeding inszeniert, der zum ersten Mal an der Staatsoper Hannover arbeitet. Mich hat er 2019 in Osnabrück mit Alberic Magnards „Guercoeur“ begeistert. Der Bajazzo steht hier allein auf der Bühne, nicht im gewohnten Doppelpack mit der „Cavalleria Rusticana“. Damit wird dem Wunsch Rechnung getragen, auch einige nicht so lange Opernabende anzubieten. Barno Ismatullaeva wird hier die weibliche Hauptrolle singen.
Das Musical „Chicago“ ist ein in den Zwanzigern spielendes Gesamtkunstwerk aus Musical und Tanz, mit Jazz-Elementen, es stammt von Fred Ebb, Bob Fosse und John Kander. Thema ist die Sehnsucht nach Ruhm, für den die Personen über Leichen gehen. Es ist ein makaber-humorvolles Stück, das mit Gästen aus dem Musical-Bereich umgesetzt wird. Regie führt Dirk Seiler, der hier schon mit der „Zirkusprinzessin“ begeistert hat.
„Israel in München“ ist eine Uraufführung, mit Musik von Michael Wertmüller auf ein Libretto von Roland Schimmelpfennig. Es ist eine Oper über den Terroranschlag bei den olympischen Spielen 1972 in München. Das Libretto ist vor einigen Jahren entstanden, bei den Planungen konnte niemand voraussehen, wie bedrückend aktuell dieser Stoff werden würde. Die Musik führt verschiedene musikalische Stile in einem Kontext zusammen, sie ist sehr schlagzeugbetont. Die bekannte Schauspielerin Corinna Harfouch wird eine Hauptrolle spielen. Inszenieren wird Lydia Steier, deren „La Juive“ noch in bester Erinnerung ist.
Endlich kommt „Greek Passion“ von Bohuslav Martinu in der Inszenierung von Barbora Horakova Joly auf die Bühne! Die Pandemie verhinderte dies im Frühjahr 2020. Es geht um Flüchtlinge und Krieg, auch dies wieder sehr aktuelle Themen.
Laura Berman möchte sich aus Hannover mit etwas Humor verabschieden, daher wird „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss die Saison beenden. In einem fiktiven Wien wird ein eigentlich ganz kritischer Blick auf das Bild der Frau und ihre Rolle geworfen. Das sei „ein bisschen wie der Film Barbie“, so Laura Berman mit Augenzwinkern. Regie führt Christian Stückl, u.a. Spielleiter der Passionsspiele Oberammergau.
Ballettdirektor Christian Blossfeld stellte dann die drei neuen Ballettproduktionen vor. „Peer Gynt“ nach Musik von Edvard Grieg wird ein großes Handlungsballett werden, choreografiert von Edward Clug. Tanz, Orchester und Chor finden sich in einem Gesamtkunstwerk zusammen.
„Ikarus“ von Andonis Foniadakis auf eine ebenfalls neue Musik von Julien Tarride ist eine Uraufführung. Die Idee dazu ist mit dem Choreografen zusammen entwickelt worden. Was sind unsere physischen Grenzen und was passiert, wenn man an diese Grenzen kommt? Was passiert, wenn man der Sonne zu nah kommt?
In „Shechter – Goecke – Ekman“ werden drei Choreografien ganz unterschiedlicher Handschrift zu einem dreiteiligen Abend vereinigt. Das wird sehr abwechslungsreich, es sind drei hochkarätige Choreografien. „Uprising“ ist ein rhythmisches, dynamisches Kräftemessen, „The Big Crying“ ein Stück über Gemeinschaft zu Musik u.a. von Tori Amos. „Cacti“ ist voller Humor.
Stephan Zilias ging dann auf drei der Sinfoniekonzerte genauer ein. Das 2. Sinfoniekonzert „Wellenlängen“ enthält nur Musik, die sich mit dem Thema Wasser beschäftigt. Das Orchester ist Mitglied im Verein „Orchester des Wandels“. Das Konzert soll eine Art Klimakonzert werden, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Das 7. Konzert ist das „War Requiem“ von Benjamin Britten, auch das ein Stück, dessen Thematik wieder brennend aktuell ist. Das 8. Konzert „Verbundenheit“ fasst mit Werken von Schubert und Schumann die letzten Jahre zusammen. Fortgeführt werden die Treffen mit Orchestermitgliedern nach den Sonntagskonzerten in der Jojo-Bar.
Laura Berman ging dann noch auf weitere Punkte ein. Statt des gewohnten Festkonzerts zu Beginn der Spielzeit zugunsten der Stiftung Staatsoper Hannover wird es im Laufe der Saison ein Benefiz-Gala-Dinner geben. Das Eröffnungskonzert findet wie gewohnt statt. Die „Nachgespräche“ nach Vorstellungen werden intensiviert. Unter dem Motto „After Work“ werden kürzere Stücke angeboten, der Beginn wird hier 18:30 Uhr sein. Der Opernball findet am 13./14. Februar statt, ein Motto steht noch nicht fest. Es soll aber „kein Kostümball“ werden, sagte Laura Berman wieder mit einem Augenzwinkern.
Matthias Brandt (Abteilung Xchange – Opern-, Tanz- und Musikvermittlung) erläuterte, dass die Abteilung die Fokussierung fortsetzen wird, die in dieser Saison etabliert worden ist. Zum vierzigjährigen Jubiläum des Programms „Tatort Oper“ der GFO in Zusammenarbeit mit der Oper wird es eine Ausstellung im Foyer geben. „Was uns verbindet: The Public Domain“ wird ein sehr interessantes musikalisches Projekt werden für die ganze Stadtgesellschaft – mit 1000 Beteiligten!
Das wird wieder eine abwechslungsreiche, spannende Saison werden. Ich freue mich!
Achim Riehn