8. Sinfoniekonzert „Verbundenheit“: Schubert und Schumann – ein Triumph der Romantik

Dieses schöne Konzert zum Saisonabschluss am 29. Juni 2025 vereinigte drei klangschöne Werke der musikalischen Romantik miteinander, Schumanns Violinkonzert, Schuberts große C-Dur-Sinfonie und zum Auftakt Schuberts Ouvertüre zur „Zauberharfe“.

„Musik, die nicht vorrangig auf Effekte abzielt, sondern durch eine innige Verbundenheit zum Inneren mitreißt“, so stand es in der Programmankündigung. Und das traf es gut. Alle Werke des Abends hatten noch eine Gemeinsamkeit: Sie verschwanden nach ihrer Entstehung für eine gewisse Zeit in der Schublade, aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Schlussapplaus nach dem achten Symphoniekonzert. – Foto (c): Achim Riehn

Stephan Zilias und das Niedersächsische Staatsorchester hatten dabei den deutschen Violinisten Tobias Feldmann zu Gast. Nach seinem 3. Preis beim Joseph Joachim Violinwettbewerb in Hannover begann er eine internationale Karriere. Schon zwei Mal trat er in den vergangenen Jahren im Opernhaus als Solist in einem Sinfoniekonzert auf.

Im Jahr 1820 komponierte Franz Schubert die Musik zu einem Melodram „Die Zauberharfe“ für das Theater an der Wien. Das Bühnenstück war ein Reinfall, die Musik verschwand erst einmal in der Schublade. Drei Jahre später verwendete Schubert die Ouvertüre noch einmal als Ouvertüre zu einem anderen Bühnenstück, zu „Rosamunde“.

Das Stück ist eine zauberische Einstimmung zu einem Märchen und eine ebenso schöne Einstimmung zu einem Konzert mit romantischer Musik. Schwungvolle und anmutige Melodien werden rhapsodisch aneinandergereiht. Wuchtige Akkorde zu Beginn lassen fast ein Drama erwarten, aber dann folgt ein Reigen aus Melodien, die wie aus italienischen Opern des Belcanto klingen. Rossinis schwungvolle Ouvertüren sind ganz nah. Das Orchester spielte das mit Schwung und Feuer, eine perfekte Einstimmung auf das Konzert.

Robert Schumann komponierte sein Violinkonzert für Joseph Joachim, geplant war eine Uraufführung in Düsseldorf im Jahr 1853. Joachim studierte das Werk zwar ein, aber zu einer Aufführung kam es vor Schumanns Tod im Juli 1856 nicht mehr. Schumann hatte die letzten zwei Jahre seines Lebens in einer Nervenheilanstalt verbracht, und in jedem Werk des Komponisten suchte die Musikpresse nach Anzeichen der geistigen Umnachtung. Damit wollten sich Clara Schumann und Joseph Joachim nicht auseinandersetzen. Das Werk verschwand in der Schublade. Nach dem Tod Joachims wanderte das Manuskript in die Preußische Staatsbibliothek Berlin, erst 1937 wurde es uraufgeführt.

Dieses Violinkonzert ist voll von aufgewühlten Emotionen und zugleich auch voller Intimität. Schumann stellt Violine und Orchester meist einander gegenüber, das ganze Konzert ist ein beständiger Dialog. Die Violine bleibt meist in der Mittellage, auf Solokadenzen wird verzichtet. Die Virtuosität findet im Inneren statt, sie wird nicht zur Schau gestellt. Schumann schuf eine Musik, die viel moderner ist als das, was ich von ihm aus den Sinfonien kenne. Das ist eine echte Zukunftsmusik. Tobias Feldmann spielte das sehr gefühlvoll und mit leuchtendem Ton.

Der erste Satz beginnt mit einer großen, fast aufgewühlten Orchestereinleitung, ein lyrisches Thema folgt. Dann beginnt die Solovioline ihren innigen Dialog mit einem ganz zarten, zurückhaltenden Orchester. Der Beginn ist düster, auch später unterbrechen immer wieder fast fast bedrohlich düstere Passagen den Dialog.

Zurückhaltend in den Violoncelli beginnt der zweite Satz, bevor die Solovioline mit einem gesanglichen Thema einsetzt. Dieser zweite Satz ist fast schon musikalischer Impressionismus, es ist eine traumverlorene, albtraumhafte Meditation. Hin und her huschende Klangfarben erinnern mich an flackernde Kerzen in einem nächtlichen Wind. Orchester und die oft in die Tiefen hinabtauchende Violine tauschen dann mehrfach die Führung, bis der Satz attacca in den dritten Satz übergeht.

Die Musik verwandelt sich nun in eine Art Tanz, das an eine Polonaise erinnernde Hauptthema wird refrainartig wiederholt. Die Solovioline tritt wieder in einen Dialog mit dem Orchester ein. Diese Musik ist ein hochkomplexes Wechselspiel, immer wieder wird sie durch das Refrainthema unterbrochen. Zuerst fast keck mischt es sich in den Dialog zwischen Violine und Orchester ein, wird dann zunehmend bohrend, wird fast unangenehm, klingt immer mehr wie eine Mahnung. Eine ausgedehnte Coda vereinigt die Melodien des Satzes.

Die Komposition setzt nicht auf eine zur Schau gestellte Virtuosität, sie verwebt den Gesang der Violine mit dem Orchester. Insbesondere im dritten Satz ist der hochkomplexe Gesang der Violine in den Orchesterklang eingebettet. Tobias Feldmann spielte das ganz wunderbar. Hier glühte und leuchtete die Violine von innen aus dem Orchester heraus, loderte wie ein schwelendes Feuer im Untergrund eines Waldes. Das war manchmal fast unheimlich anzuhören. Ganz großartig!

Tobias Feldmann bedankte sich für den großen Beifall mit einer virtuosen barocken Violinphantasie.

Nach der Pause stand die Große C-Dur-Sinfonie von Franz Schubert auf dem Programm. Komponiert wurde die Sinfonie wohl 1826. Eine Aufführung kam aber nicht zustande, die Länge von einer Stunde schien abzuschrecken. In seinem Todesjahr 1828 überarbeitete er die Sinfonie noch einmal, dann verschwand sie unaufgeführt in der Schublade. Robert Schumann fand die Partitur dann elf Jahre später, Felix Mendelssohn Bartholdy brachte sie in Leipzig zur Aufführung.

Schubert verbindet hier die klassische viersätzige Struktur der Sinfonie mit neuen Dingen der musikalischen Gestaltung. Er füllt die Struktur mit aller Romantik, die ihm als Liederkomponist innewohnt, erzählt eine große viersätzige Geschichte. Weite Bögen, weite Melodien, ein unablässiger Strom, so lässt sich diese Musik charakterisieren.

Stephan Zilias und das Niedersächsische Staatsorchester spielten das großartig, mit viel Schwung. Die Energie dieser Sinfonie wurde so in den Vordergrund gestellt, das war Feuer, das zwischen den wunderbar durchsichtig gespielten lyrischen Passagen aufflammte.

Schon der erste Satz ist wie ein großes Gemälde in Musik angelegt. Frühlingsstimmung herrscht, sonnig strahlende Landschaften wechseln sich mit abendlicher Dämmerstimmung ab. Ich kann über diesen Satz nur in solchen Bildern denken. Ganz wunderbar gelang den Hörnern ihr inniges Solo zu Beginn.

Im zweiten Satz ist für mich der Liedkomponist Schubert besonders spürbar. Außerordentlich romantisch leitet die Oboe den Satz ein, dann wird ein Füllhorn von gesanglichen Melodien über uns ausgeschüttet. Wir sind in einer lyrischen Wunderwelt, die aber von Dunkelheit nicht frei ist. In der Mitte steigert sich die Musik in eine wirkliche Katastrophe hinein, wie nach einem Schock braucht die Musik dann einige Zeit, um wieder zur romantischen Stimmung zurückzufinden. Das wurde durch das Orchester grandios herausgearbeitet, der Kontrast zwischen Lyrik und Katastrophe schockierte fast beim Hören. Wunderbar gespielt das Oboensolo zu Beginn des Satzes.

Es ist, als ob der Mensch nun in diese romantische Welt hineingestellt wird, so dachte ich beim dritten Satz. Die Welt wird hier zum Tanz, beschwingt und voller Hingabe, voller Schönheit. Im vierten Satz sind wir dann in einem rauschenden Fest des Lebens angekommen. Melodien über Melodien erklingen und verströmen. Es ist, als ob die Musik ihr Herz ausschüttet. Alles endet in einem sonnenstrahlenden Schlussakkord. An diesem Abend klang das durchsichtig, zart, mit Feuer und Schwung, ein Wechselbad der Stimmungen. Das Hauptthema des vierten Satzes verschwand danach den ganzen Abend nicht mehr aus meinem Kopf, mit so vielen Emotionen war es gespielt worden!

Das war zum Abschluss der Saison ein großartiges Konzert. Das Publikum im ausverkauften Haus bedankte sich mit lang anhaltenden, sehr herzlichen Beifall. Stephan Zilias verabschiedete dann auf der Bühne noch die Konzertdramaturgin Dr. Birgit Spörl, die leider das Haus verlässt. Auch wir von der GFO danken ihr für tolle Konzertprogramme und wünschen alles Gute für die Zukunft.

Text: Achim Riehn

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