»Besuch der Bühnenorchesterprobe „Der fliegende Holländer“«
Wie immer begann der Probenbesuch mit einer ausführlichen Einführung: Dramaturg Christopher Baumann berichtete über die Entstehungsgeschichte der Oper und ihre historische Einordnung vor dem Hintergrund der Lebenssituation Richard Wagners.
Die Staatsoper Hannover spielt die Fassung von 1864 (mit „Erlösungsschluss“).
In dieser Oper spielt der Chor eine wichtige Rolle und an diesem Samstagmorgen wurde gezielt an den Chorszenen gearbeitet. In der Kulisse eines tsunamigezeichneten Gebäudes fiel es kaum auf, dass die Mitglieder des Haus- und Extrachores in privater Garderobe probten. Man darf gespannt sein, welchen Effekt dies haben wird, wenn diese Menschenmenge in Maske und Kostüm auftritt.
Es erklangen im Vorfeld mit dem Chor des Hauses aufgenommene Tonaufnahmen, die den Holländer-(Geister-)Chor repräsentierten und in die Live-Situation eingefügt wurden. Nach intensiver Arbeit an der Synchronität und dem Auspegeln der optimalen Lautstärke erzeugte dies ein gelungenes Zusammenspiel von Klangeindrücken mit direktem und entfernterem Charakter. Wie Christopher Baumann später erklärte, machen die Dialoge zwischen den Norwegern und der Besatzung des Holländers immer eine Grundsatzentscheidung erforderlich: Alles live bedeutet, dass man den Chor aufteilen muss. Dadurch wirken aber beide Seiten zwangsläufig weniger kraftvoll. Der Einsatz von Technik ermöglicht volle Kraft, verändert aber wiederum die Probenarbeit und erleichtert diese nicht unbedingt. Unter der lebendigen Anleitung von Ivan Repušić gelang das Zusammenspiel von Orchester und Tonaufnahme schnell sehr gut und veranlasste Chor und Probenbesucher zu Applaus. Im weiteren Probenverlauf legte Ivan Repušić besonderen Wert auf die Textverständlichkeit und verwendete viel Zeit auf Einsätze und Details.
In der Probenpause nahm sich Bernd Mottl die Zeit, uns sein Regiekonzept zu erläutern. Er erklärte, dass er die Naturgewalten und ihre Wirkung auf den Menschen zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht habe. Im Laufe des Gesprächs zeigte sich, dass jeder Probenbesucher ganz eigene Eindrücke von der auf der Bühne dargestellten Situation gewonnen hatte. Mancher hatte eine Schiffskatastrophe, andere ein überflutetes Luxushotel vor Augen. Gelobt wurde die unglaubliche Spannung, die Musik und Bühnengeschehen bereits in dieser Probenphase erzeugen konnten.
Ein Gedanke, der mir beim Schreiben dieses Berichtes kam: Den fliegenden Holländer gibt es wirklich: Die Seeleute aus allen Erdteilen dieser Welt, die an Bord der Containerschiffe ihrer Arbeit nachgehen und über lange Phasen tatsächlich keine Möglichkeit haben, an Land zu gehen.
Obwohl unter anderem Licht und Kostüme noch fehlten, gingen die Opernfreunde nach diesem Vormittag beeindruckt und berührt nach Hause. Die Spannung und Vorfreude auf die Premiere ist groß.
Im Namen des GFO-Vorstandes bedanke ich mich bei Herrn Baumann, Herrn Mottl und allen Mitarbeitern der Oper, die uns immer wieder diese spannenden Probenbesuche ermöglichen. Es ist ein großes Privileg, welches wir sehr zu schätzen wissen.
Gabriele Warda