Eröffnungsfest und Eröffnungskonzert: Mit Bravour auf dem Weg zum Meistertitel

Zwei neue Intendanten an der Staatsoper und am Staatstheater: zwei Gründe, der Stadt etwas Großes zu schenken. Rund um Oper und Schauspielhaus wurde ein umfangreiches Programm angeboten, Ausschnitte aus Proben, Technikvorführungen, Führungen, Arien auf dem Platz und im Haus. Alles begann mit einem großen Frühstück auf dem mit Biergartenbänken und -tischen gefüllten Opernplatz. Gutes Wetter, viele Menschen, das Publikum strömte herbei. Menschen wurden so in die Oper hineingelockt, die dort vielleicht noch nie waren. So muss sich das Haus der Stadt zeigen! Und nebenbei bemerkt: Das waldgrüne Laves-Foyer ist toll geworden!

Das neu gestaltete Laves-Foyer der Staatsoper Hannover leuchtet nun in verschiedenen Grüntönen. – Foto (c) Achim Riehn

Am Abend begann dann das ausverkaufte Eröffnungskonzert in der Oper. Über zwei Stunden wurde uns ein spannendes Programm geboten, in dem sich vor allem die neuen Mitglieder des Ensembles präsentieren konnten. Witzig und gekonnt führte Bodo Busse durch das Programm. Und was für schöne Stücke erwarten uns da, mit ganz großartigen Sängerinnen und Sängern.

Begonnen wurde mit Ausschnitten aus „Don Giovanni“ von Mozart. Nach der schwungvoll gespielten Ouvertüre sang der junge Bariton Serhii Moskalchuk die Registerarie des Leporello. Schmelz in der Stimme, verschmitzt, mit einer gehörigen Portion Bosheit, das war großartig.

Das Duett „Là ci darem la mano“ zwischen Ketevan Chuntishvili als Zerlina und Matteo Guerzé als Don Giovanni war ebenfalls bezwingend. Ketevan Chuntishvili hat einen eher leichten, klangschönen Sopran, in dem aber im Hintergrund schon das Drama lauert. Ist diese Zerlina naiv oder durchtrieben? Wunderbar harmonierte das mit der Stimme von Matteo Guerzé. Das ist ein Bariton, dem man diesen Verführer jederzeit abnimmt, ein wohlklingender „Bad Guy“ mit toller, balsamischer Stimme.

Als Gast wird Christiana Oliviera in der nächsten Saison die Tosca und die Desdemona singen. Mit „Vissi d‘arte“ aus „Tosca“ konnte sie alle Vorzüge ihrer Stimme zeigen. Das ist ein warmer, glühender und klangmächtiger Sopran, ideal für diese Rollen.

Mit Ausschnitten aus „Turandot“ von Puccini ging es weiter. Kiandra Howarth sang die Arie „Signore ascolta“ der Liù. Es war faszinierend, ihre Stimme mit der von Christiana Oliveira zu vergleichen. Kiandra Howarth hat einen helleren, silbrigeren Sopran. Wunderbar, wie aus zarten, lyrischen Passagen auf einmal helles, strahlendes, weißes Feuer herausbricht. Toll, wie eher dramatische Soprane so ganz unterschiedlich großartig klingen können! Xavier Moreno, als Gast in der nächsten Saison an der Oper, sang dann die vielleicht berühmteste Tenorarie, „Nessun dorma“. Das war auch eine sehr überzeugende Darbietung, die Stimme schaffte es mühelos, sich über das Orchester hinauszuschwingen und zu leuchten.

Schlussapplaus für das fulminante Eröffnungskonzert – Foto (c) Achim Riehn

Mit Wagners „Lohengrin“ wird die Spielzeit eröffnet. Nach dem druckvoll-dramatischen Vorspiel zum 3. Aufzug sang Maximilian Schmitt, ebenfalls als Gast am Haus engagiert, die Gralserzählung „In fernem Land“ des Lohengrin. Eher lyrisch, textverständlich, mit klaren und strahlenden Höhen, das weckte Vorfreude auf die Aufführungen.

Verdis „Troubadour“ kommt nach vielen Jahren endlich wieder auf die hannoversche Bühne. Grga Peroš sang die Arie des Grafen Luna „Il balen del suo sorriso“. Das ist nun mal ein beeindruckend dramatischer Bösewicht-Bariton, vor dem man richtig Angst bekommen kann! Wie können Bösewichte nur so gut klingen? Da freue ich mich auch auf seinen Scarpia! Christiana Oliviera überzeugte dann glutvoll mit der Arie der Leonora „Tacea la notte placida“.

Korngolds „Die tote Stadt“ ist noch nie in Hannover gelaufen, fast unglaublich! Nun kommt dieses Glanzstück der Spätromantik endlich auf die Bühne des Opernhauses. Zwei Arien machten Appetit auf mehr. Kiandra Howarth sang mit leuchtender Stimme die lyrische Arie der Marietta „Glück das mir verblieb“. Bravourös zeigte die Sängerin, zu welcher Innerlichkeit ihre Stimme fähig ist. Das neue Ensemblemitglied Max Dollinger, ein lyrischer Bariton, machte es dann fast noch innerlicher. Die Arie des Fritz „Mein Sehnen, mein Wähnen“ gab ihn die Gelegenheit, die Schönheit seines weichen Baritons voll auszuspielen.

Nach dem Hexenritt aus Humperdincks „Hänsel und Gretel“ sang Cassandra Doyle die Arie des Cherubino „Voi che sapete che cosa è amor“ aus Mozarts „Le nozze di Figaro“. Da hat die Staatsoper einen wunderbar weichen lyrischen Mezzosopran hinzugewonnen.

Die Arie des Grafen Almaviva „Ecco, ridente in cielo“ aus Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ war dann ein weiterer Höhepunkt des Abends. Der Tenor SeungJick Kim sang das mit beweglicher, verführerischer Stimme, präzise in jeder musikalischen Linie, präzise in jedem Ton. Ganz großartig!

Dem Musical „Anything Goes“ von Cole Porter wurde dann ein längerer Ausschnitt gewidmet. Die Sopranistin Julia Sturzlbaum, neu im Ensemble, brachte zusammen mit dem Gasttenor Christof Messner mit Spielfreude, Witz und einer schönen Portion Sentimentalität diese so herrlich gesanglichen Melodien auf die Bühne. Weitere Sänger aus dem Ensemble übernahmen die Rolle des Matrosenchors, das machte Spaß. Gesungen wurde in deutscher Sprache, das war eine ganz neue Erfahrung.

Das Terzett „Marie Theres‘ wie gut Sie ist“ aus dem „Rosenkavalier“ von Strauss beendete dann mit himmlisch melancholischen Tönen den Abend. Zu Kiandra Howarth als Marschallin und Beatriz Miranda als Oktavian kam die Sophie des neuen Ensemblemitglieds Olga Jelínkova dazu. Herrlich harmonierten die Stimmen, das war zum Dahinschmelzen.

Das Niedersächsische Staatsorchester begleitete den ganzen Abend einfühlsam, klangschön und präzise. Als Dirigenten wechselten sich Stephan Zilias, Mario Hartmuth, Masaru Kumakura und Piotr Jaworski ab, viermal Qualität!

Viel Andrang herrschte beim Eröffnungsfest auf dem Opernplatz, das mit einem Frühstück begann. – Foto (c) Achim Riehn

Mit viel Beifall und vielen Bravos ging der Abend zu Ende – und voller Vorfreude auf die neue Spielzeit! Das alles hat das Potenzial, ganz oben mitzuspielen. Erste Liga ist die Oper Hannover ja schon. Für mich hat die Oper eindeutig das Potenzial, um den Meistertitel mitzuspielen. Exzellent besetzt auf allen Positionen ist sie auf jeden Fall. Verstecken wir uns nicht, packen wir es an!

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