Ein Sommerabend mit tollen Stimmen. Ich liebe solche intimen Konzerte! Hochbegabte Sängerinnen und Sängern treten auf, wir als Publikum sind ihnen ganz nah. Das ist erfrischend nah an den Künstlerinnen und Künstlern und an der Musik.

Schlussapplaus für Abschlusskonzert des Internationalen Opernstudios im Tonstudio Tessmar. Foto (c) Achim Riehn
Geplant war dies als Konzert des Internationalen Opernstudios, aber eine Krankheitswelle ließ nur den Auftritt von Eduardo Martinez zu. Luisa Mordel, Freya Müller und Fabio Dorizzi konnten leider nicht teilnehmen. Aber es war gelungen, zwei ehemalige Mitglieder des Studios und eine hochbegabte Studentin der Musikhochschule zu gewinnen: Petra Radulović, Lluís Calvet i Pey und Dahye Kang. Kenntnisreich und mit Charme wurde der Abend moderiert von Moritz Mehlinger, Dramaturgie-Assistent an der Staatsoper Hannover.
Das Konzert fand im großen Aufnahmeraum des Tonstudios Tessmar statt. Dies ist ein Raum mit Platz für vielleicht hundert Menschen. Die Wände sind mit Akustikelementen bedeckt und sorgen so für einen wunderbaren Klang. Das Programm war wieder ein hinreißender Querschnitt durch das Opern-Repertoire, in dem die Sängerinnen und Sänger alle ihre Qualitäten zeigen konnten. Hyerim Byun, Solorepetitorin an der Staatsoper Hannover, begleitet einfühlsam und hochklassig am Flügel. Auf einige Highlights des Programms will ich näher eingehen. Aber ehrlich gesagt gab es nur Highlights.
Eduardo Martinez (Bariton) aus dem Opernstudio begeisterte mich mit „Per me giunto… O Carlo, ascolta“ aus „Don Carlo“ von Giuseppe Verdi. Er hat eine warme, wohltönende Stimme mit Kraft, sowohl ausdrucksstark in den dramatischen als auch in den leisen Passagen. Es machte einfach Freude, diese Stimme zu hören.
Petra Radulović (Sopran) war von 2021 bis 2023 Mitglied des Opernstudios. Gerade ist sie in Hannover als eine der Nixen in „Rusalka“ eingesprungen. Mit ihrem lyrischen, leuchtenden Sopran war sie für mich wie geboren für die Susanna in „Le Nozze di Figaro“. Sie sang die Arie „Deh vieni, non tardar“ mit viel Ausdruck, feiner Linienführung und schönem Klang. Ich würde sie sehr gern mal in dieser Rolle auf der Bühne erleben.
Lluís Calvet i Pey (Bariton) ist zu Beginn dieser Spielzeit aus dem Opernstudio in das Ensemble der Staatsoper Hannover gewechselt. Klangschön, ausdrucksvoll, durchsetzungsfähig, so lässt sich seine Stimme beschreiben. Sie ist lyrischer als die eher dramatische Stimme von Eduardo Martinez. Mit der Auftrittsarie des Figaro aus „Il barbiere di Siviglia“ von Rossini konnte er alle Vorzüge seiner Stimme präsentieren und uns auch mit seinem Spielwitz begeistern.
Die südkoreanische Sopranistin Dahye Kang studiert an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Sie hat mich ebenfalls vollauf begeistert an diesem Abend. Die Arie „Dieu! Quel frisson“ aus „Romeo et Juliette“ von Charles Gounod geriet zu einem Glanzstück. Dahye Kang hat eine leuchtende, fast dramatische Sopranstimme, mit der sie mühelos den Raum flutete. Das war hervorragend!
Nach diesem schönen Konzert gab es dann noch ein „Meet the Artist“ mit Würstchen und Kartoffelsalat. Die Sängerinnen und Sänger mischten sich unter das Publikum, wurden umlagert, viele interessante Gespräche ergaben sich. Wir alle fühlten uns wie eine große Opernfamilie. Selten kommt man Sängerinnen und Sängern in ungezwungener, heiterer Atmosphäre so nahe.
Ab der nächsten Saison wird das Internationale Opernstudio durch die „Musikakademie“ abgelöst, eine enge Zusammenarbeit der Staatsoper Hannover mit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Aber ich hoffe stark, dass es weitere dieser Sommerkonzerte geben wird. Sie sind etwas Besonderes, Schönes, und so etwas sollte fortgeführt werden. In diesem Sinne: Ich freue mich auf das nächste Konzert!
Text: Achim Riehn