Bei einem Meisterkurs des Internationalen Opernstudios zuzuschauen und zuzuhören, das war eine faszinierende Erfahrung. Intendantin Laura Berman begrüßte uns, dann ging es los. Ich saß im Parkett in der ersten Reihe, eine gute Platzwahl! Jedes Detail konnte ich so verfolgen.
Der lyrische Tenor Christoph Prégardien war zu einem mehrtägigen Meisterkurs nach Hannover gekommen, um intensiv mit den Mitgliedern des Internationalen Opernstudios der Oper zu arbeiten. Christoph Prégardien wird vor allem als Liedsänger gefeiert, er hat bereits in allen renommierten Konzertsälen der Welt gesungen. Prégardien musizierte mit berühmten Dirigenten wie Daniel Barenboim, Christian Thielemann, Ingo Metzmacher und Kent Nagano. Er hat über 150 Tonträger aufgenommen, die ihm viele Auszeichnungen einbrachten. Wie arbeitet so ein erfahrener Sänger mit jungen Sängerinnen und Sängern? Wie vermittelt er sein Wissen, wie kommuniziert er es? In diesen anderthalb Stunden bekam ich da wunderbare Einblicke.
Heute ging es um Händel, Mozart und Brahms. Mit Peter O‘Reilly (Tenor) arbeitete Christoph Prégardien an einer Arie aus dem Messias von Händel. Dann folgte dreimal Mozart: Petra Radulovic (Sopran) sang (zum ersten Mal) die Arie der Pamina, Jakub Szmidt (Bass) die Arie des Sarastro aus der „Zauberflöte“. Bei Beatriz Miranda (Mezzosopran) ging es um eine Arie des Sesto aus Mozarts „La clemenza di Tito“. Nach Oratorium und Oper wurde es dann zum Abschluss intimer: Lluís Calvet i Pey (Bariton) sang das Lied „Von ewiger Liebe“ von Brahms. Begleitet wurden sie alle am Klavier ganz wunderbar von Francesco Greco, dem Leiter des Internationalen Opernstudios.
Christoph Prégardien ist ein vorzüglicher Lehrer, der auf jedes Detail achtet. Er macht das so einfühlsam und humorvoll, dass man sich selbst als Zuhörer gut aufgehoben fühlt. Mit den Sängerinnen und Sängern nahm er jede Kleinigkeit unter die Lupe. Ab und zu streute er Erläuterungen für uns im Publikum ein, um zu erklären, warum ein bestimmter Punkt für ihn wichtig war. Die anderthalb Stunden vergingen so wie im Flug, ich habe mit fast atemloser Spannung zugehört. Auch als Nichtsänger konnte ich viel lernen. Ich kann nur einige Punkte hier aufführen. Ganz wichtig ist es, Kraft und Luft so gut einzuteilen, dass man nicht an den falschen Stellen atmen muss. Einsätze müssen mit dem Atem vorbereitet werden. Die Atemtechnik ist das A und O! Heikel sind Stellen, an denen die Register verblendet werden müssen, das muss genau geprobt werden. Wichtig ist, den einzelnen Textzeilen immer den jeweils entsprechenden gesanglichen Ausdruck zu verleihen, dazu muss man den Text und die Absicht des Komponisten genau verstanden haben. Im Lied ist dies besonders wichtig, weil hier oft die Perspektiven wechseln – im Lied von Brahms gibt es den Erzähler, den jungen Mann, das Mädchen, jede Person braucht ihre eigene, angemessene Gestaltung.
Das waren außerordentlich faszinierende anderthalb Stunden. Auch als Nichtsänger kann man eine Menge mitnehmen. Es machte Freude, zuzuhören und zuzuschauen! Hier in unserem Opernstudio wachsen große Talente heran.
Wenn in vier Wochen die nächste öffentliche Meisterklasse stattfindet, bin ich auf jeden Fall wieder dabei. Für GFO-Mitglieder gibt es noch ein besonderes Highlight: Sie können an den nichtöffentlichen Kurstagen zuhörend teilnehmen. Mehr Einblick geht kaum!