Ich liebe diese sommerlichen Konzerte zum Ausklang der Spielzeit! Es gibt schöne Musik, vorgetragen von hochbegabten Sängerinnen und Sängern in intimer Atmosphäre, dazu entspanntes Publikum, genau richtig für einen Sommerabend.
Eigentlich sollte dies wie sonst auch ein Konzert des Internationalen Opernstudios werden. Aber zwei der vier Mitglieder, Fabio Dorizzi und Jakub Szmidt, waren krank geworden. Dieser kühle Sommer ist nicht gut für die Atemwege! In aller Schnelle hatte Francesco Greco, Leiter des Opernstudios, ein neues Musikprogramm zusammengestellt und als Ergänzung Sängerinnen und Sänger des Ensembles der Oper dazugeholt. José Simerilla Romero (Tenor), Daniel Eggert (Bass) und Nina van Essen (Mezzo) unterstützten. Regine Palmai, Chefdramaturgin der Staatsoper, moderierte den Abend, auch ihre Texte waren natürlich schnell an das neue Repertoire angepasst worden. Aber nichts war davon zu bemerken, alle sind Profis!
Das Konzert fand in einem Aufnahmeraum des Tonstudios statt, einem fast kubischen Raum mit Platz für vielleicht hundert Menschen. Die Wände sind mit Akustikelementen bedeckt und sorgen so für einen hervorragenden Klang. Es ist sehr schön, dass wir unter solch guten Bedingungen ein so schönes Konzert hören können! Das Programm war ein hinreißender Querschnitt durch das Belcanto-Repertoire mit dem Schwerpunkt Puccini, in dem die Sängerinnen und Sänger alle ihre Qualitäten zeigen konnten. Francesco Greco begleitete alle am Flügel.
Luisa Mordel (Sopran) und Lluís Calvet i Pey (Bariton) aus dem Opernstudio haben sich prachtvoll entwickelt. Die Stimme von Luisa Mordel ist voller und wärmer geworden, dazu kommt eine beeindruckende Bühnenpräsenz. Mit „Non si dà follia maggiore“ aus „Il Turco in Italia“ von Rossini konnte sie alle Facetten ihrer Stimme zeigen. Mich begeisterte neben der leuchtenden Stimme auch die Präzision der Koloraturen. Lluis Calvet i Pey wechselt in der nächsten Saison in das Ensemble der Staatsoper. Klangschön, ausdrucksvoll, durchsetzungsfähig, so lässt sich seine Stimme beschreiben. Er „lebt“ gleichsam auf der Bühne in seinen Rollen. Im berühmten „Nun geh ich ins Maxim“ aus „Die lustige Witwe“ von Lehar nahm ich ihm in jedem Moment den leichtlebigen Schwerenöter ab. Beide werden ihren Weg machen!
Ergänzt wurde dies durch großartige Beiträge unserer Ensemblemitglieder. Daniel Eggert entzückte mit der Bassarie „La Calunnia“ aus „Il Barbiere di Siviglia“, José Romero Simerilla mit „La donna è mobile“ aus „Rigoletto“. Hervorragend!
Nina van Essen verlässt Hannover und wird freiberuflich tätig. In der nächsten Saison wird sie zum Beispiel die Dorabella in „Così fan tutte“ an der Mailänder Scala singen. Toi toi toi! Es war schön, diese so sympathische Sängerin so unerwartet noch einmal auf „unserer“ Bühne zu sehen! Mit „Parto, parto! Ma tu ben mio“ aus „La Clemenza di Tito“ von Mozart zeigte sie uns noch einmal wirklich große Gesangskunst!
Nach diesem tollen Konzert gab es dann noch ein „Meet the Artist“ mit Würstchen und Kartoffelsalat. Die Sängerinnen und Sänger mischten sich unter das Publikum, wurden umlagert, viele interessante Gespräche ergaben sich. Wir fühlten uns wie ein Teil der Opernfamilie. Schöne Musik und dieses Gefühl, besser geht es kaum. Es war Gelegenheit, Nina van Essen alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Die Koffer sind gepackt, es war ihr letzter Abend in Hannover. Aber es gibt hoffentlich ein Wiedersehen!
Ich freue mich auf das nächste Konzert! Selten kommt man Sängerinnen und Sängern in ungezwungener, heiterer Atmosphäre so nahe.
Achim Riehn