Ein Probenbesuch exklusiv für Mitglieder der GFO! Solche Veranstaltungen sind immer etwas Besonderes. Man hat im kleinen Kreis Gelegenheit, Einblicke in eine neue Produktion zu bekommen und Fragen zu stellen.
Dramaturg Martin Mutschler begrüßte uns im Foyer des Ballhofs. Er gab uns sehr interessante Einblicke in die Oper und in die Produktion. „The Fall of the House of Usher“ ist eine Kammeroper von Philip Glass, einem der bekanntesten Vertreter der „Minimal Music“.
Die Oper beruht auf einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe. Es ist eine sehr mysteriöse Geschichte, geheimnisvoll und unheimlich. Es geht um Urängste, um Traumata. Alles dreht sich um drei Personen auf der Bühne, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, über die sie aber nicht offen reden können oder wollen. Die Geschichte lässt offen, was Realität ist und was Einbildung. Das Publikum muss sich selbst ein Bild machen.
Die Oper ist ein Fünfpersonenstück, es gibt drei Hauptpersonen und zwei Nebenpersonen (Diener und Arzt). Vier der Sängerinnen und Sänger sind Mitglieder des Internationalen Opernstudios der Oper Hannover. Viele Details der Inszenierung sind in Improvisationen der Beteiligten erarbeitet worden.
Zusammen mit der Regisseurin Victoria Stevens gab Martin Mutschler Einblicke in das Regiekonzept und die Details der Produktion. Ich werde hier nicht zu viel verraten, schließlich soll die Spannung erhalten bleiben. Aber es lässt mich wirklich gespannt auf die Oper warten. Die Inszenierung versucht, das Unklare der Geschichte auch so abzubilden. Irgendetwas ist in der Vergangenheit geschehen, irgendetwas Entsetzliches wurde verdrängt. Oder bilden sich das die Personen nur ein? Um diese Ebenen parallel dazustellen, wird das Geschehen permanent mit kommentierenden, zurückblickenden Videos begleitet. Die Vergangenheit, oder das, was die handelnden Personen dafür halten, wird auf der Videoleinwand sichtbar.
Am Tag vor unserem Probenbesuch hat die Klavierhauptprobe stattgefunden, bei der alles zusammengekommen ist, Personen, Bühne, Videos, Musik. Die Einsichten daraus müssen nun bewertet werden, alles muss bis zur Premiere am 4. November sortiert und justiert werden. „Unsere“ Probe ist daher kurzfristig in eine technische Probe umgewandelt worden. Es sind keine Menschen auf der Bühne, heute geht es um die technischen Abläufe. Das ist für Publikum vielleicht nicht so spanend, weil es nicht viel zu sehen gibt. Aber exklusiv für uns gab es eine kleine Vorführung von zentralen Videos und einige Informationen zu den Dreharbeiten im Vorfeld. Das war mal ganz anders, aber auch sehr interessant!
Das Bühnenbild ist ein schlichtes weißes Rechteck, mit einem schwarzen Loch in der Mitte. Das schwarze Loch ist gleichsam das, was die Personen verdrängt haben. Bildschirme stehen um diese Fläche herum. Den Hintergrund beherrscht die große Videoprojektionsfläche. Wir sahen dann das Eingangsvideo der Oper auf der Wand, mit begleitenden und kommentierenden Videos auf den kleinen Bildschirmen. Auch so ohne Musik übte dies einen Sog aus, der einen in etwas Unheimliches hineinziehen wollte.
Lukas Eicher hat die Videos für die Produktion erstellt. Mit wahrer Begeisterung erzählte er von den Dreharbeiten, dem weißen und dem schwarzem Raum, in dem sie alles aufgenommen haben. Wir bekamen einen Eindruck davon, wie viel Arbeit sich hinter diesen später dann so spontan wirkenden, einfach erscheinenden Videos verbirgt. Lukas Eicher hätte noch stundenlang weitererzählen können, wir hätten ihm genau wie bei Victoria Stevens und Martin Mutschler auch gern stundenlang weiter zugehört. Aber die Probe musste weitergehen, das hatte natürlich Vorrang.
Das war ein ganz wunderbarer Probenbesuch! Bei so einer technischen Probe bekommt man Einblicke in die Abläufe und die Details der Inszenierung, die sonst verborgen bleiben. Wir sehen sozusagen hinein in das Innere einer Produktion, wir blicken auf auf das, was sie zusammenhält. Sehr gern wieder! Und ich bin jetzt ganz gespannt auf diese Oper!
Achim Riehn