Konzerte des Internationalen Opernstudios der Staatsoper Hannover liebe ich. Es gibt schöne Musik, vorgetragen von hochbegabten Sängerinnen und Sängern in intimer Atmosphäre, das macht wirklich Vergnügen.
Dieses Konzert zum Abschluss der Saison fand in Wiesenau in den Räumen des Tonstudios Tessmar statt. Von der Stadtbahn aus geht man zehn Minuten durch ein Industriegebiet dahin, begleitet vom Duft der Linden am Straßenrand. Wir Besucher sammelten uns in einem großen Empfangsraum mit anschließender Terrasse. Sängerinnen und Sänger aus dem Ensemble waren unter den Gästen, Intendantin Laura Berman und Chefdramaturgin Regine Palmai waren da, es ergaben sich schnell Gespräche. Allein wegen dieser Möglichkeiten sind diese Konzerte empfehlenswert.
In den Räumen des Tonstudios gibt es einen Aufnahmeraum, fast kubisch, mit Platz für vielleicht hundert Menschen. Die Wände sind mit Akustikelementen bedeckt und sorgen so mit für einen hervorragenden Klang. Laura Berman begrüßte uns Gäste und bedankte sich bei den Sponsoren für dieses Konzert, der „Walter und Charlotte Hamel Stiftung“ und der GFO. Dann ging es los. Francesco Greco, der Leiter des Opernstudios, machte kleine Einführungen und begleitete am Klavier. Peter O‘Reilly war indisponiert und verzichtete auf Soloauftritte, sang aber in den Ensembles mit. Das Programm war ein hinreißender Querschnitt durch das Belcanto-Repertoire, in dem die Sängerinnen und Sänger alle ihre Qualitäten zeigen konnten. Das taten sie wirklich hervorragend.
Neu im Opernstudio sind Beatriz Miranda (Mezzo), Jakub Szmidt (Bass) und Lluís Calvet i Pey (Bariton), da hat die Oper bei der Auswahl wirklich wieder einen Glücksgriff getan. Beatriz Miranda wechselt zur nächsten Saison aus dem Studio bereits ins Ensemble. Ihre Stimme ist ein warmer, zur Dramatik fähiger, lyrischer Mezzo mit Farbenreichtum und Kraft. Der Octavian im „Rosenkavalier“ bietet sich sofort als Rolle an! Der Bass von Jakub Szmidt ist rund, voll, ausdrucksstark, da ist ganz viel Potenzial. Der Sarasto in der Zauberflöte ist schon am Horizont zu sehen. Die Baritonstimme von Lluís Calvet i Pey ist wandlungsfähig, kräftig, farbig, wie er eindrucksvoll mit „Largo al factotum“ aus dem Barbier von Sevilla bewies.
Petra Radulović (Sopran) und Peter O‘Reilly verlassen nach dieser Saison das Studio, bei Ihrer Klasse werden sie ihren Weg machen. Der Sopran von Petra Radulović hat sich in den letzten drei Jahren großartig entwickelt. Hat sie hier in Hannover mit eher leichter, beweglicher Soubrettenstimme begonnen, so ist nun Fülle und tiefere Farbe dazugekommen, ideal zum Beispiel für die Susanna in der „Hochzeit des Figaro“. Peter O‘Reillys heller Tenor strahlt inzwischen auch noch silbriger als früher, zudem hat er immer den Schalk im Nacken. Ihn würde ich gern einmal als Ferrando in „Così fan tutte“ hören.
Zum Schluss des Abends waren dann alle Fünf zusammen in einem zehnminütigem, turbulenten Ensemble aus „Die Italienerin in Algier“ zu hören: „Ti presento di mia man“. Aufgeführt wurde dies wie eine richtig inszenierte Opernszene auf dieser kleinen Bühne. Das war toll gesungen, mitreißend gespielt, voller Witz und Enthusiasmus, das war erstklassig. Alle gingen aufeinander ein, ein perfektes Team, ein perfektes Ensemble, bravo! Es war herrlich, wie jeder trotzdem seine eigene Persönlichkeit dabei zeigen konnte.
Nach diesem tollen Konzert gab es dann noch ein „Meet the Artist“ mit Würstchen und Kartoffelsalat. Zum Glück hatte der leichte Regen aufgehört. Die Sängerinnen und Sänger mischten sich unter das Publikum, wurden umlagert, viele interessante Gespräche ergaben sich. Als Zuhörer fühlte ich mich auf einmal wie ein Teil der Opernfamilie. Schöne Musik und dieses Gefühl, besser geht es kaum. Ich freue mich auf das nächste Konzert!
Achim Riehn