Opernraritäten #5: Antonín Dvořák „Katja und der Teufel“ – lebensfrohe Musik voller Farbigkeit

Diese Oper – bekannt auch als „Die Teufelskäthe“, im Original „Čert a Káča“ – kommt in Deutschland selten auf die Bühne. Dabei ist sie von Dvořák, sie ist voll mit den für ihn typischen Melodien. Auch die Geschichte ist wie für die Bühne geschaffen. Im Januar 2020 sah ich eine hinreißende Inszenierung in Dessau und ich war begeistert. Komik, gute Unterhaltung und mitreißende Musik – was will man mehr! Für jede Bühne könnte dies ein potentielles Erfolgsstück sein.

Foto und Copyright: Achim Riehn

In meiner Aufnahme von 2008 spielt das „WDR Sinfonieorchester Köln“ unter Gerd Albrecht, erschienen ist sie bei Orfeo.

Antonín Dvořák komponierte in seinen letzten Lebensjahren hauptsächlich für die Bühne. Von seinen zehn Opern steht in Deutschland fast nur „Rusalka“ ab und zu auf dem Spielplänen. Die davor komponierte „Katja und der Teufel“ ist ein ganz seltener Gast. So wie „Rusalka“ basiert sie auf einem Märchen, das diesmal aber nicht tragisch ist, sondern an ein heiteres Lustspiel erinnert. Die Oper wurde 1899 in Prag uraufgeführt und gehört in Tschechien zum Standardrepertoire. In Deutschland konnte sie sich nach der Erstaufführung 1909 in Bremen nicht durchsetzen. Für mich ist das ganz unverständlich.

Es geht in „Katja und der Teufel“ darum, wie zwei pfiffige Menschen aus dem normalen Volk (Katja und Jirka) einem leicht tölpelhaften, eher sympathischen Teufel das Fell über die Ohren ziehen.

Erster Akt – im Dorf ist Tanz. Nicht alle sind fröhlich – der Schäfer Jirka muss am Sonntag arbeiten und hat Ärger mit dem ausbeuterischen Verwalter. Auch die forsche Katja ist unzufrieden – niemand will sie zum Tanz auffordern. Wütend ruft sie, dass sie selbst mit dem Teufel tanzen würde. Das ist genau das Richtige für den Teufel Marbuel, der von Luzifer auf die Erde geschickt worden ist, um sich ein Bild von der despotischen Fürstin und ihrem Verwalter zu machen. Marbuel tanzt mit Katja, verspricht ihr ein Schloss und ein schönes Leben und tanzt mit ihr in die Hölle hinunter. Jirka folgt den beiden, er will Katja befreien.

In der Hölle ist im zweiten Akt die Lage ernst. Katja macht Marbuel und den anderen Teufeln das Leben unerträglich, sie fühlt sich betrogen. Die Teufel wissen nicht mehr ein noch aus und bitten Jirka, sie von Katja zu befreien. Jirka macht einen Handel: Er rettet den Verwalter vor dem Teufel und kassiert dafür eine fürstliche Belohnung – im Gegenzug befreit er die Teufel von Katja. Die Teufel gehen darauf ein mit der Bedingung, dass er die böse Fürstin nicht vor der Hölle retten darf. Abgemacht – Jirka tanzt mit Katja aus der Hölle. Die Teufel geben ihr Gold mit, dass sich aber draußen in Laub verwandelt.

Dritter Akt. Im Dorf erfährt Jirka, dass Marbuel am nächsten Tag die Fürstin in die Hölle holen wird. Jirka hilft der reuevollen Fürstin mit einem genialen Trick. Er schickt Marbuel die wegen des falschen Goldes besonders zornige Katja entgegen. Der Teufel flüchtet, von Katja hat er genug. Die Fürstin entlässt das Volk aus dem Frondienst, macht Jirka zum Minister und beschenkt Katja mit Haus und Geld. Bei Katja werden nun die Männer Schlange stehen.

Der märchenhafte Stoff ist voller Humor und Ironie. Antonín Dvořák taucht das in eine schwungvolle und abwechslungsreiche Musik voller Farbigkeit. Die böhmische Melodienseligkeit – bekannt aus seinen „Slawischen Tänzen“ – findet sich in jedem Takt wieder. Die Oper ist ein Lobgesang auf die tschechische Musik, in jedem Takt mitreißend, durch die an der tschechischen Sprache orientierten Melodien in die Zukunft weisend. Es macht einfach Vergnügen zu hören, was sich Dvořák hier alles hat einfallen lassen. Das Spektrum geht vom böhmischen Volkstanz über einen Höllenritt bis hin zu einer großen Arie. Das Stück ist durchkomponiert, es gibt bis auf die Arie der Fürstin praktisch keine Einzelnummern. Die Interaktion zwischen den Personen steht im Vordergrund. Die musikalischen Welten der drei Akte – bäuerliches Fest, Hölle und Schloss – sind dezent voneinander abgesetzt, überschneiden sich aber als drei Seiten einer böhmischen Welt unablässig.

Da die Oper ein fortlaufender Musikfluss ist, fällt es schwer, einzelne Nummern hervorzuheben. Ich empfehle einfach, mit der „Ouvertüre“ zu beginnen und sich dann vom lebensfrohen Fluß der Musik mitnehmen zu lassen. Diese Ouvertüre nimmt ganz klassisch die Hauptmotive der Oper auf und webt aus ihnen ein sehr klangschönes Orchesterstück.

Das Fest des ersten Aktes ist voller Schwung, einen guten Eindruck gibt der eingeschobene Walzer („Valčík“).

Höhepunkt des ersten Aktes ist der Tanz Marbuels mit Katja, der dann in die Hölle führt („Je sic to trochu daleko“). Dunkel und mysteriös ist Marbuels Schilderung der Hölle, aber auch voll glitzernder Verlockung durch die Harfen. Dies ist auf einmal eine ganz andere Musik als die des bäuerlichen Festes. Dramatische Einschübe gibt es beim Eintritt in die Hölle und beim Sprung hinterher von Jirka.

Der zweite Akt fasziniert durch die fast komische Schilderung der Teufel, die so vollkommen hilflos gegenüber der resoluten Katja sind. Das Vorspiel zum zweiten Akt ist gleichzeitig düster und schwungvoll, mit Wagner-Anklängen. Hörbar ist es eine sehr lebensfrohe Hölle, was dann auch der anschließende Teufelschor „Sláva zlatu mocnému“ ganz deutlich macht. Das ist ein lebhaftes Trinklied, es geht zu wie in einem Wirtshaus – bloß ein bisschen dunkler (aufregender?) getönt.

Auch der dritte Akt beginnt mit einem sehr melodischen Vorspiel. Die Musik ist hier festlicher – es ist die Welt des Schlosses. Es schließt sich die große, klangvolle Arie der Fürstin an („Jak smutno v zámku“), mit weiten Melodiebögen, emotional und schmerzerfüllt.

Der Auftritt Marbuels („Stroj se, Kněžno“) bekommt dann eine hochdramatische Musik (wie es sich für einen Teufel geziemt), bevor sich das lebensfrohe Finale anschließt.

Auf Youtube kann man eine schöne Gesamtaufnahme der Oper als Aufführungsmitschnitt aus Prag mit der Suche „Dvorak Cert a Kaca“ finden. Einige Nummern der Aufnahme mit Gerd Albrecht gibt es auch (Suche „Dvorak Cert a Kaca Albrecht Naxos“).

Achim Riehn

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